Die Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Paulus in Unteroker wurde am 01.01.1956 zu einer eigenständigen Kirchengemeinde; die Paulus-Kirche wurde am 23.06.1966 eingeweiht. Die St. Paulus-Gemeinde war damit neben der Martin-Luther-Gemeinde die zweite Ev.-luth. Kirche in Oker, zur der auch die Kindertagesstätte St. Paulus gehörte. In den 40 Jahren ihres Bestehens entwickelten sich verschiedene Formen der Kinder- und Jugendarbeit. Seit nunmehr 42 Jahren besteht der "Feierabendkreis", ein Seniorentreff, der sich einmal wöchentlich zu Geselligkeit und Gespräch trifft. In den Jahren 1995 - 1997 gewährte die Gemeinde zwei Angolanern Kirchenasyl. Seit 1996 besteht eine Kooperation mit dem Lions-Club Goslar Kaiserpfalz. Gemeinsam wird seitdem das Projekt "Kleiner Tisch - Oker" unter der Überschrift "Lebensmittel für Bedürftige" vorangetrieben. Inzwischen ist der "Kleine Tisch" ein eingetragener Verein geworden, der den Namen "Goslarer Tafel - Kleiner Tisch Oker e.V." trägt.

Wegen der ständig sinkenden Kirchenmitgliederzahlen wurde aus der Martin-Luther-Gemeinde und der Paulus-Gemeinde 2006 wieder eine Gemeinde, die Ev.-luth. Kirchengemeinde Oker. Alle bestehenden Gruppen und Kreise der ehemaligen Gemeinden werden in den Gemeindehäusern der Gemeinde weitergeführt, Gottesdienste werden in beiden Kirchen gehalten.

Im Jahr 2009 verkaufte die Ev.-luth. Kirchengemeinde Oker das Paulus-Gemeindehaus an die "Goslarer Tafel - Kleiner Tisch e.V." für 1,- Euro. Sowohl die "Goslarer Tafel - Kleiner Tisch e.V." als auch die Ev.-luth. Kirchengemeinde Oker waren für diese Entwicklung äußerst dankbar. Die Kirchengemeinde Oker würde ab dem Jahr 2010 keine Zuschüsse vom Landeskirchenamt Wolfenbüttel für den Erhalt des Gemeindehauses bekommen. Da sie die Bewirtschaft und Bauunterhaltung dieses Gemeindezentrums nicht alleine tragen kann, war sie früher oder später zur Aufgabe dieser Räumlichkeiten gezwungen.

Zugleich suchte der Lions-Club Goslar Kaiserpfalz gemeinsam mit Vertretern der Kirchengemeinde Oker neue Räumlichkeiten für die Ausgabe des "Kleinen Tisches". Der Ausgabeort auf dem Natronag-Gelände (Wolfenbütteler Str. 44-46) genügte nicht mehr den Ansprüchen (keine Toiletten; lange Warteschlange der Bedürftigen unter freiem Himmel; zu kleiner Ausgaberaum).

So lag die Idee sehr nahe, dass der "Kleine Tisch" in das Paulus-Gemeindehaus zieht. Auf diese Weise bleibt dieses ursprünglich diakonische Projekt, das Mitte der 90er Jahre aus der Kirchengemeinde Oker heraus entwickelt wurde, unter dem Dach der Kirche.

Die Ev.-luth. Kirchengemeinde Oker ist dem Lions Club "Goslar-Kaiserpfalz" äußerst dankbar, dass sich die kirchengemeindlichen Gruppen und Kreise auch weiterhin im Keller des Gemeindehauses treffen können.

 

Warum wurde die Paulus-Kirche abgerissen?

Die Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig ist wegen sinkenden Kirchensteuereinnahmen zu drastischen Sparmaßnahmen gezwungen. Diese Sparmaßnahmen betreffen die Verwaltung ebenso wie sämtliche Bereiche kirchlichen Handelns. Alle Ausgaben werden verschärft auf ihre Nachhaltigkeit und Sinnhaftigkeit überprüft. Der Erhalt von Kirchengebäuden steht bei diesen Sparmaßnahmen grundsätzlich nicht zur Diskussion. In der Broschüre der Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig „Unsere Kirche, unsere Kirchen. Eine Praxishilfe zur Nutzung und Umnutzung von Kirchengebäuden“ heißt es (Seite 8): „Grundkonsens muss sein, dass die uneingeschränkte Nutzung als Gotteshaus auch heute für eine Kirche immer noch die beste Lösung bleibt’ (Christina Weiss)“. Dieser Grundsatz, kirchliche Gebäude zu erhalten, wird jedoch von der Kirchenleitung in Frage gestellt, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
1. Ein intaktes Ev.-luth. Kirchengebäude befindet sich in unmittelbarer Nähe.
2. Die Zahl der Kirchenmitglieder bleibt rückläufig.
3. Die Aufwendungen für Bauunterhaltung und Bauinvestitionen sind weder durch den Haushalt der Kirchengemeinde noch durch sonstige Anstrengungen aufzubringen.

Auf die Paulus-Kirche treffen alle drei Kriterien zu. Einerseits befindet sich die Martin-Luther-Kirche in relativer Nähe zur Paulus-Kirche. Auch wenn Unter-Okeraner teilweise einen langen Weg zur Martin-Luther-Kirche zurücklegen müssen, ist diese Kirche als einziger Gottesdienstort denkbar. Andererseits übersteigt die Anzahl der Sterbefälle die Anzahl der Taufen. Kircheneintritte und Kirchenaustritte halten sich in etwa die Waage. So verliert die Ev.-luth. Kirchengemeinde Oker pro Jahr ungefähr 30 Gemeindeglieder. Nicht zuletzt ließ die grundlegende marode Bausubstanz der Kirche (Risse im Mauerwerk, asbestversuchte Dachziegel etc.) sowie essentiell architektonische Fehlplanung (z.B. innenliegende Dachrinnen) die Sinnhaftigkeit der Kirchensanierung fraglich erscheinen.
Vor diesem Hintergrund konnten für die Sanierungskosten vom Landeskirchenamt keine finanziellen Zuschüsse erwartet werden. Da die Kirchengemeinde nicht imstande ist, den hohen sechsstelligen Betrag dieser Sanierungskosten allein zu finanzieren, war ein langfristiger Erhalt der Paulus-Kirche nicht verantwortlich.

In dieser Situation hätte sich der Kirchenvorstand entschließen können, von Zeit zu Zeit kleinste Reparaturmaßnahmen als Schadensbegrenzung durchzuführen und die Kirche stehen zu lassen. An einem Verfall der baulichen Substanz hätte dieser Beschluss aber nichts geändert. Was ist in dieser misslichen Situation schmerzlicher? Dem Verfall einer Kirche über Jahre und Jahrzehnte zuschauen zu müssen oder ein zügiger, wenn auch sehr schmerzhafter Abriss?
Sowohl im Kirchenvorstand als auch in der Kirchengemeinde hörte man zunehmend: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. So reifte im Kirchenvorstand die Entscheidung: Wenn die Abgabe des kirchlichen Gebäudes langfristig nicht aufzuhalten ist, dann soll dieser Rückgang wenigstens konstruktiv gestaltet und die Veräußerung von Glocken und Orgel vorausschauend geplant werden.

Die Sanierung der Orgel wäre in etwa 10 Jahren unumgänglich gewesen. Die vielen tausend Einzelteile, aus denen eine Orgel besteht, haben alle eine begrenzte Lebensdauer haben. Das Holz wird trocken, das Leder rissig und spröde. Langfristig wäre die Funktionstüchtigkeit dieses Instrumentes nicht mehr gesichert. Die Sanierungskosten hätten voraussichtlich 40.000,- bis 50.000,- Euro betragen. Diese Kosten hätte die Kirchengemeinde auch mit Spenden nicht aufbringen können. Von finanziellen Zuwendungen des Landeskirchenamtes sowie Stiftungen war nicht auszugehen. In dieser Situation entschied sich der Kirchenvorstand, die Orgel an die katholische Kirchengemeinde in Lavena Ponte Tresa (Norditalien) zu verkaufen. Wäre die Orgel nicht verkauft und in 10 Jahren sanierungsbedürftig geworden, wäre sie, wenn überhaupt, nur für sehr wenig Geld zu verkaufen gewesen. Möglicherweise hätte sie nur noch als Ersatzteillager dient. Durch den Verkauf der Orgel wurde ihr in gewisser Weise "das Leben gerettet".
In ähnlicher Weise verantwortungsbewusst und zukunftsweisend wurde im Blick auf die Glocken gehandelt. Pfarrer und Kirchenvorstand hatten sich auch diese seine Entscheidung nicht leicht gemacht. Seit Jahren war das Läutewerk einer Glocke defekt. Die notwendige Reparatur hätte einen vierstelligen Geldbetrag erfordert. Außerdem wären für die Generalüberholung des Läutewerks zusätzliche Kosten entstanden. Ferner ergab eine Inspektion des Glockenturms, dass der Beton brüchig und die Statik des Turms nicht mehr gewährleistet war. Eine grundlegende Sanierung des Glockenturmes hätte vermutlich einen sechsstelligen Betrag erfordert. Die Landeskirche hatte angekündigt, dass es auch hier keine Zuschüsse gibt. Daher entschied sich der Kirchenvorstand, die Glocken zu veräußern und den Glockenturm abreißen zu lassen. Die Landeskirche übernahm die Kosten für den Abriss. Die Glocken wurden in die Nähe von Stralsund verkauft und erklingen in der alten Wallfahrtskirche von Kenz.
Dem Verkauf des Pfarrhauses im Jahr 2007 war bereits im Jahr 2009 der Verkauf des Gemeindehauses gefolgt. Denn ab dem Jahr 2010 hätte das Landeskirchenamt für den Erhalt des Gemeindehauses keine Zuschüsse mehr gezahlt. Da die Kirchengemeinde die Sanierungs- und Bewirtschaftungskosten dieses Gemeindezentrums nicht alleine tragen kann, wäre sie früher oder später zur Aufgabe dieser Räumlichkeiten gezwungen worden. Doch statt die Hände in den Schoß zu legen und sich dem Schicksal zu ergeben, bemühten sich Pfarrer und Kirchenvorstand um alternative Nutzungsmöglichkeiten. Nach dem die Idee einer „sozialen Stadt“ verworfen werden musste, erklärte sich die „Goslarer Tafel / Kleiner Tisch e.V.“ bereit, dieses Gebäude für 1,- Euro zu erwerben. Auf diese Weise blieb dieses ursprünglich diakonische Projekt, das Mitte der 90er Jahre aus der Kirchengemeinde Oker heraus entwickelt wurde, im wahrsten Sinne unter dem Dach der Kirche.

So kommt der Abriss der Paulus-Kirche nicht überraschend. Er ergibt sich vielmehr als folgerichtiger Schritt in diesem langjährigen Prozess des Rückbaus. Dennoch steht eines fest: Ob Gottesdienste künftig in einer Weidenkirche, im Zelt oder open-air stattfinden, der Ort, auf dem die Paulus-Kirche stand, bleibt als Gottesdienstort weiterhin bestehen.

 

Eh. Paulus Kirche
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Ihr Ansprechpartner

Kirchenvorstandsvorsitzender
Norbert Bengsch
05321/61984
norbert.bengsch@kirchengemeinde-oker.de

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